„Mon Oncle“
Das 2018 aus einem Wettbewerb hervorgegangene Projekt «Mon Oncle» bietet den idealen Rahmen für die Umsetzung unserer Vision. Auf 8 ́700 m2 verkörpert das Projekt zugleich Mut und Poesie: Eine kleinkörnige Bebauung, ein rücksichtsvoller Umgang mit dem Bestand und abwechslungsreiche Freiräume zeigen die hohe Identifikation mit dem Ort und stehen für eine kreative und inspirierende Atmosphäre. Gleichzeitig entsteht ein stimmungsvolles, neues Ganzes.

In vielfältigen Begegnungsorten kann sich die heute auf dem Areal gelebte Gemeinschaftlichkeit weiterentwickeln. Ein Patchwork aus Bestehendem und Neuem lädt zum Erkunden ein. Dabei bleiben die Höfe, Strassen und Gassen trotz der verhältnismässig hohen Dichte der Überbauung hell und durchlässig. Durch die Realisierung des Projektes mit drei Architekturbüros kommen die Unterschiedlichkeit der fünf Kooperations-Genossenschaften, das vielfältige Angebot und die Lebendigkeit der Industriestrasse auch künftig zum Ausdruck.

Insgesamt entstehen rund 151 Wohnungen und knapp 3000m2 Gewerbefläche auf dem Areal. Die Bestandsbauten Käselager und Rossstall, welche als erhaltenswert kategorisiert sind, werden durch die GWI langfristig erhalten.
Siedlungsbausteine
Vor dem Hintergrund bisheriger Wohnbiografien an der Industriestrasse setzt die GWI beim Wohnungsangebot bewusst auf experimentelle Angebote wie grosse Wohngemeinschaften, Clusterstockwerke und Hallenwohnungen mit pragmatischem Ausbaustandard. Den aktuellen Bedarf bekräftigten die Mitglieder an diversen Partizipationsveranstaltungen. Traditionelle Familienwohnungen, Atelier- und Kleinwohnungen ergänzen dieses Angebot, wobei die einzelnen Gebäude jeweils individuelle Schwerpunkte setzen.
Zudem realisiert die GWI über die vier Bauten verteilt knapp 20% Gewerbe. Die Kooperation erarbeitet hierfür ein Gesamtkonzept, das die Gewerbeverteilung hinsichtlich Nutzungsmix auf dem Areal regelt. Schon heute gibt es neben den bereits ansässigen Gewerbetreibenden, konkrete Interessent:innen wie z.B. eine Velowerkstatt, ein Instrumentenbauer, ein Quartierladen, ein Radiostudio, Architekturbüros, Grafik-oder Kunstateliers, die künftig an der Industriestrasse arbeiten möchten.

Käselager
Das ehemalige Käselager an der Industriestrasse 9 ist ein zentraler Ort für die Industriestrasse und die Genossenschaft.


Geschichte
Das Gebäude wurde 1903 bis 1905 vom Käseexporteur F. Dillier-Wyss erbaut und ist eines der ältesten, erhaltenen Häuser im Industriegebiet Unterlachen. Im ersten Obergeschoss befanden sich seit jeher Wohnräume, die im Laufe der Zeit mehrmals umgebaut wurden. Dabei blieb der Grossteil der charakteristischen Bausubstanz erhalten. Heute leben hier eine grosse Wohngemeinschaft und zwei Familien. Sie initiierten die Initiative «Ja zu einer lebendigen Industriestrasse» und seither verschiedene Angebote in Haus und Garten, von Ausstellungen bis hin zu Konzerten und Festen, wodurch das Haus bereits heute ein beliebter Treffpunkt ist. Ausserdem befindet sich das Figurentheater des Stadttheaters Luzern im Haus.
Zukunft
In Abstimmung mit der Denkmalpflege wird das Haus rücksichtsvoll renoviert und als authentischen Ort der Kulturproduktion und Kulturvermittlung erhalten. Im Hochparterre finden unterschiedlich grosse Ateliers Platz. Damit bleiben die Produktionsstätten für angewandte und bildende Kunst erhalten, die bereits heute im Haus und auf dem Areal zu finden sind. Die Ateliers teilen sich die Infrastruktur, können individuell oder gemeinsam genutzt werden und bei Veranstaltungen auch mit dem Gemeinschaftsraum im angrenzenden Rossstall funktionieren.
Im 1. Obergeschoss bleibt die Wohngemeinschaft mit ca. zehn Zimmern in einer ähnlichen Form wie heute erhalten. Küche und Wohnraum verbinden zwei Bereiche, die in sich kleinere Wohneinheiten bilden.
Das Dachgeschoss wird im Zuge der Sanierung für Wohnzwecke ausgebaut. Geplant ist ebenfalls eine Wohngemeinschaft mit ca. elf Zimmern plus Wohnraum.
Da viele der heutigen Bewohner:innen eine starke Verbindung zum Haus haben, ist es ihnen wichtig, ihre Bedürfnisse und Anliegen in die Sanierung einzubringen. Wo möglich wollen sie die Sanierung mit Eigenleistungen unterstützen.
Rossstall
Neben dem Käselager liegt der ehemalige Rossstall, der ebenfalls erhalten und saniert wird.


Geschichte
1904 erstellte F. Dillier-Wyss einen Waschhaus-Anbau nordöstlich an das Käselager. Ein Jahr später folgte der Anbau des zweigeschossigen Rossstalls mit Wagenremise. Im Obergeschoss befanden sich damals mehrere Angestelltenzimmer und ein Heulager. Das Satteldach stammt aus dem Jahre 1928. Der Rossstall ist als Zweckbau mit historisierenden Zier- und Konstruktionselementen weitgehend im Originalzustand erhalten. Aktuell lebt eine Wohngemeinschaft im Obergeschoss. Das Erdgeschoss nutzt eine Kollektivbeiz, ebenso den angrenzenden Garten.
Zukunft
Auch dieses Gebäude soll saniert, strukturell jedoch in seinem heutigen Zustand erhalten blei- ben. So besteht im Erdgeschoss weiter ein 113m2 grosser Gewerberaum. Dieser soll nicht an die zukünftige Nutzung angepasst werden, sondern die entsprechende Nutzung soll im Raum Platz finden. Auch im ersten Obergeschoss wird die 120m2 grosse 3,5 Zimmer Wohnung nach dem Grundsatz so viel wie nötig, sowenig wie möglich saniert. Zusätzliches Tageslicht erhält die Wohnung über das Oberlicht im Dach, welches durch den Estrich in das erste Obergeschoss strahlt.
„Turmhaus“ Neubau neben dem Rossstall


Der neben dem Rossstall entstehende Neubau, das «Turmhaus», besteht aus vier übereinander liegenden Hallen zur «Rohbaumiete». In den Modulen mit 82 m2 Grundfläche und knapp 5 Meter Raumhöhe können die Bewohner:innen Ihre individuellen Wohnvorstellungen realisieren. Fix ist nur die Nasszellenbox mit Toilette und Dusche und der angedockten / direkt angrenzende Küchenzeile. Durch die grosszügige Raumhöhe kann ein gänzlicher Boden oder einfach eine Galerie eingezogen werden, so dass sich die Wohnfläche auf ca. 120 bis 160 m2 vergrössert. Je nach Wohnbedürfnis und Fähigkeit können auch einzelne Boxen in die Halle gestellt werden. Auch bei diesen Wohnungen wird dem Purismus Rechnung getragen. Die Materialsichtigkeit herrscht vor und Mensch wird nur mit dem nötigsten konfrontiert. Der persönliche Aussenraum finden die Bewohner:innen/Bewohnenden auf den Zwischenpodesten der südseitigen Erschliessungstreppe.
„Die Windmühle“


Im Erdgeschoss entstehen überhohe Gewerbeeinheiten, die auch als Werkstätten funktionieren. Sie richten sich an Interessent:innen aus den Bereichen produzierendes Klein- und Kleinstgewerbe, aber auch an Dienstleistungsbetriebe und Büros, an Jungfirmen und KMUs. Ziel ist, auch mit diesen Räumen einen Beitrag zum Erhalt bezahlbarer Gewerbeflächen auf dem Areal zu leisten. Die Nutzung räumlicher Synergien hilft, die Preise tief zu halten und damit den Austausch und die lokale Kreativwirtschaft zu fördern. Im Sinne dieses gelebten Miteinanders findet sich im Erdgeschoss auch der zum Käselager orientierte, als Begegnungsort gestaltete Gebäudezugang. Neben ihm befinden sich drei von insgesamt sechs zumietbare Zimmer. Im südöstlichen Viertel zum Eisenplatz befindet sich der Arealübergreifende Gemeinschaftsraum.
Die Wohnungsgrundrisse sind effizient organisiert und bieten hohe Wohnqualität. Über das Treppenhaus gelangt man in eine Vorzone im Herzen des Hauses, wo gemeinsame Garderoben vorhanden sind. Von hier betritt man auch die Einzelwohnungen (2.5 bis 5.5 Zimmer), wobei die Türen je nach Gestaltung und Wohnform separierend oder verbindend wirken können. Jede Wohnung kann zu einem umlaufenden Balkon geöffnet werden. Innen- und Aussen greifen hier ineinander über.
Aussenraum


Verbindendes Element zwischen den Bauten bzw. dem Gemeinschaftraum, der Beiz und den umliegenden Erdgeschossen ist der gemeinsame Aussenbereich südlich der Industriestrasse 9. Hier befindet sich heute der Garten. Künftig soll ein Platz entstehen, der von der Beiz und dem Gemeinschaftsraum mitgenutzt wird. Bestehende, charakteristische Elemente wie der Unterstand werden erhalten und in die Neugestaltung integriert. Alle Zugänge orientieren sich zu diesem Platz. Der Aussenraum liegt in der Obhut der Kooperation Industriestrasse.
Vorgehen und Zeitplan Arealentwicklung

Phase 1A: Dialogphase
In dieser Phase entsteht basierend auf dem Wettbewerbsergebnis ein «Regelwerk Städtebau I Aussenraum». Das Siegerteam im Bereich Städtebau erarbeitet dieses zusammen mit den fünf Kooperationsgenossenschaften und den Architektenteams. In diesem Zusammenhang werden die Aussenraumgestaltung, der Gemeinschaftsraum der Kooperation und die über das Areal verteilten Erdgeschossnutzungen konkretisiert.
Phase 1B: Vorprojekt GWI
Die GWI treibt parallel zur beschriebenen «Dialogphase» mit den Teams Rolf Mühlethaler Architekten und toblergmür Architekten die Vertiefung der Wettbewerbsergebnisse für unsere Baufelder voran. Bis im Winter 2021 liegen basierend auf dem von uns erarbeiteten Raumprogramm die Grundrisse für Neu- und Bestandsbauten vor.
Phase 2A: Gestaltungsplan
Basierend auf den Vorprojekten und dem «Regelwerk Städtebau I Aussenraum» wird ein Gestaltungsplan erarbeitet. Zeitlich ist die Erarbeitung auf die Teilrevision der Bau- und Zonenordnung der Stadt Luzern abgestimmt, wovon die Bebauung an der Industriestrasse ein Teil ist.
Phase 2B: Bauprojekt GWI
Parallel zur Ausarbeitung des Gestaltungsplans arbeitet die GWI mit den Planungsteams am Bauprojekt und konkretisiert ihre Gebäude bezüglich Konstruktion, Materialität und Kosten. Im Frühling 2023 erfolgt die Baueingabe, zeitgleich mit der Eingabe des Gestaltungsplans und im Ende 2022 wird mit deren Bewilligungen gerechnet.
Phase 3: Abbruch, Sanierung und Neubau
Voraussichtlich ab Mitte 2023 starten mit den Vorbereitungsarbeiten die Bauarbeiten für die Sanierung von Käselager, Rossstall und der Neubauten «Turmhaus» und «Die Maschine». Voraussichtlich im Frühjahr 2025 werden die Häuser bezugsbereit sein. Gegebenenfalls sind die Bestandsbauten Käselager und Rossstall bereits früher bezugsbereit.